Evaluation eines digitalen Verkaufstisches für Juweliergeschäfte – Eine Befragung zur Service Qualität

Motivation der Arbeit

 

Aufgrund der vereinfachten Informationszugänglichkeit im Internet sind viele Einzelhandelskunden bereits sehr gut über die Produkte und Preise informiert, bevor sie überhaupt die Geschäfte betreten. Viele Fragen, die zuvor von dem Verkaufspersonal beantwortet wurden, lassen sich durch einfache Recherchen seitens des Kunden vorab klären und die Kunden kommen nur noch mit anspruchsvolleren Anliegen zu den Verkäufern. Die Kunden erwarten heutzutage im Geschäft selbst vermehrt einen Service, der über die im Internet zugänglichen Informationen hinausgeht, beziehungsweise sich von diesen abhebt (Parise et al. 2016).

Um als Einzelhandelsgeschäft konkurrenzfähig und weiterhin für die Kunden interessant zu bleiben, muss ein Mehrwert für den Kunden kreiert werden. Durch die Erschaffung von Kundenerlebnissen und den Zugang zu weiteren, spezifischeren Informationen kann der Einzelhandel sich vom Onlinehandel abheben und somit Kunden weiterhin in die Geschäfte locken. Für das Kundenerlebnis sind laut Parise et al. (2016) Interaktionen zwischen dem Unternehmen und dem Kunden sowie Personalisierungen des Einkauferlebnisses von großer Bedeutung.

Geschäfte, in denen Dienstleistungen schon immer sehr im Fokus standen, sind Luxusjuweliere. Durch den beschriebenen Wandel und die anspruchsvollen Kunden ist es in dieser Branche von großer Relevanz, zeitgemäß zu bleiben und auf die sich ändernden Kundenerwartungen einzugehen. Die Bedeutung von E-Commerce in der Luxusbranche ist in den letzten Jahren sehr gestiegen. So ist beispielsweise 2014 die Branche an sich zwar nur um 2% gewachsen, der Online-Verkauf alleine jedoch um 20% (Dauriz et al. 2014). Da die Offline- und Onlinewelt immer weiter zusammen wächst, ist es sinnvoll den Kunden auch in Geschäften ein digitales Erlebnis zu bieten (Willems et al. 2017; Kukka et al. 2014).

Personalisierungen, Interaktionen mit dem Unternehmen sowie digitale Erlebnisse lassen sich durch die Einführung von digitalen Kontaktpunkten realisieren. Nach Barann et al. (in Begutachtung, S. 13) sind Kundenkontaktpunkte alle Informations-, Kommunikations-, Transaktions- oder Erlebniselemente zwischen dem Kunden und einem Händler oder seiner Marke, welche den Einkaufsprozess des Kunden anregen oder unterstützen. Wenn diese Kontaktpunkte auf einem technologischen Medium bereitgestellt werden, spricht man von digitalen Kundenkontaktpunkten.   Sie können im Handel an jeder Stelle des Einkaufsprozesses ergänzt werden und können auf verschiedene Art und Weise den Kundenwert steigern (Willems et al. 2017).

In Luxusjuweliergeschäften finden Verkaufs- und Beratungsgespräche meist an einem Verkaufstisch statt. Durch die Digitalisierung der Oberfläche dieses Verkaufstisches mit Hilfe eines berührungsempfindlichen Bildschirms, können auf diesem digitale Kundenkontaktpunkte zur Unterstützung der Beratungsgespräche bereitgestellt werden. Diese können z.B. zusätzliche Informationen bereitstellen oder Interaktionen und Personalisierungen ermöglichen. Die Dienstleistung des Verkäufers wird dadurch unterstützt und erweitert. Es wird ein digitales Kundenerlebnis kreiert, welches den Einkauf interessanter und interaktiver gestaltet.

Die alleinige Einführung von digitalen Kundenkontaktpunkten kann den Erfolg eines Unternehmens jedoch nicht gewährleisten (Zott et al. 2011). Ob eine digitale Innovation wie der digitale Verkaufstisch von den Kunden genutzt wird, und somit zu einem Erfolg wird, ist von der Service Qualität abhängig die mithilfe der Innovation bereitgestellt werden kann. Denn die Nutzungsabsicht des Kunden, ist von dem wahrgenommen Kundenwert und der Kundenzufriedenheit abhängig. Kundenwert und Kundenzufriedenheit wiederum sind von der Service Qualität abhängig (Kettinger et al. 2009; Wang 2008; Oh 1999). Unter dem Kundenwert ist die Nutzenbewertung des Kunden zu verstehen. Dieser beeinflusst zudem die Kundenzufriedenheit, welche sich aus dem Vergleich der Kundenerwartungen und Kundenwahrnehmungen ergibt.  (Kettinger et al. 2009)

Für die Einführung des digitalen Verkaufstisches ist es also wichtig, dass die Kunden den Service der mithilfe des Tisches unterstützt wird in einer hohen Qualität wahrnehmen. Er sollte einen Kundenwert erzeugen und den Kunden zufriedenstellen.

Zielformulierung

 

Um herauszufinden, ob die Einführung des digitalisierten Verkaufstisches in Juweliergeschäften sinnvoll ist, ist es das Ziel dieser Arbeit, mittels einer Befragung herauszufinden, ob die Qualität der mithilfe des Tisches bereitgestellten Dienstleistung, zu einem wahrgenommenen Kundenwert, einer wahrgenommenen Kundenzufriedenheit und somit zu einer Nutzungsabsicht des Kunden  führt.

Methodisches Vorgehen zur Zielerreichung

 

Um die Arbeit zu motivieren, werden die sich dem Einzelhandel stellenden Herausforderungen beschrieben. Anschließend wird hervorgehoben, warum die Herausforderungen, auch für die Luxusjuweliere beziehungsweise für die Luxusbranche relevant sind und welche Besonderheiten es in dieser Branche zu beachten gilt. Als Lösungsansatz werden digitale Kundenkontaktpunkte diskutiert. Es wird aufgezeigt, dass die Einführung von digitalen Kundenkontaktpunkten nur sinnvoll ist, wenn diese einen Kundewert und Kundenzufriedenheit erzeugen. Als Beispiel für digitale Kontaktpunkte wird mit Bezug zu einem Projekt aus dem Vertiefungsmodul „Datengetriebene Geschäftsmodelle“ die Idee des Digitalen Verkaufstisches sowie die Kontaktpunkte auf dem Tisch vorgestellt. Im Anschluss werden Kontaktpunkte, die auf dem Tisch bereitgestellt werden sollen, kategorisiert und es wird erläutert inwiefern diese die Herausforderungen der Luxusjuweliere lösen können.

Der digitale Verkaufstisch ist noch nicht realisiert, da die Nützlichkeit dessen Einführung erst noch bewertet werden muss. Um festzustellen ob die Einführung des digitalen Verkaufstisches, einen Kundewert erzeugt der seine Umsetzung gerechtfertigt, soll eine Umfrage in Form eines Gedankenexperiments (Maxwell 2012) durchgeführt werden. Die Befragten erhalten nach einer kurzen Einleitung eine sachliche Beschreibung der durch den Tisch digital unterstützen Dienstleistung (d.h. des Verkaufsgespräches), welche auch graphische Darstellungen der Kundenkontaktpunkte umfasst (Betzing et al. 2019, S. 565). Anschließend sollen die Befragten in passenden Kategorien beantworten wie sie die Dienstleistungsqualität wahrgenommen haben. Zudem werden Fragen zu ihrer Zufriedenstellung, dem Kundenwert und ihrer Wiederverwendungsintention gestellt.

Die Teilnehmer werden zum einen durch Soziale Netzwerke, wie beispielsweise LinkedIn akquiriert und zum anderen wird versucht, weitere Teilenehmer über den Kontakt zu Juwelieren zu erhalten. Es werden zudem Fragen zu demographischen Merkmalen und weiteren Kontrollvariablen gestellt, um mögliche Zusammenhänge aufzuzeigen.

Da es sich bei der Dienstleistung, die mithilfe des digitalen Verkaufstisches unterstützt wird, sowohl um eine physische (Verkaufsassistent) als auch um eine digitale Dienstleistung (Kontaktpunkte auf dem digitalen Verkaufstisch) handelt, müssen digitale und analoge Faktoren betrachtet werden (Sousa und Voss 2006). Die zu bewertenden Kategorien werden daher aus verschiedenen theoretischen Modellen ausgewählt. Die physischen Faktoren der Dienstleistung werden mittels SERVQUAL erfasst. SERVQUAL wurde als Gerüst zur Qualitätserfassung von Dienstleistungen, über verschieden Branchen und Anwendungsfälle hinweg entwickelt. Die in dem Modell vorgeschlagenen Fragen, müssen also durch Anwendungsspezifische Fragen und Änderungen an die tatsächlichen Verwendungen angepasst werden (Parasuraman et al. 1988, S. 31). Eine Methode die eine Grundlinie für die Erfassung  der Webseitenqualität darstellt ist WebQual  (Loiacono et al. 2007, S. 73). Durch die Kombination und Anpassung dieser beiden Konstrukte wird sowohl die physische als auch die digitale Dienstleistungsqualität erfasst.   

Mithilfe des Fragebogens soll erfasst werden ob die Qualität, der durch den digitalen Verkaufstisch unterstützen Dienstleistung ausreicht um Kundenzufriedenheit und einen Kundenwert zu erzeugen, und ob sich die Befragten vorstellen können die Dienstleitung in Anspruch zu nehmen. 

Die Ergebnisse der Umfrage werden anschließend kritisch diskutiert. Zum Beispiel werden dabei ggf. auffallende Kategorien betrachtet und deren mögliche Uhrsachen und Einflüsse diskutiert. Es wird zudem ausgewertet inwiefern die Faktoren Service Qualität, Kundenwert, Kundenzufriedenheit und Nutzenabsicht voneinander abhängen und ob die Zusammenhänge in dem von Kettinger et al. (2009) erstellen Zusammenhangsmodell auch auf den Anwendungsfall des digitalen Verkaufstisch zu übertragen sind. Basierend auf diesen Ergebnissen wird abschließend die Frage beantwortet, ob die Qualität der mithilfe des Tisches bereitgestellten Dienstleistung, zu einem wahrgenommenen Kundenwert, einer wahrgenommenen Kundenzufriedenheit und somit zu einer Nutzungsabsicht des Kunden führt, und somit ob eine Einführung des digitalen Verkaufstisches in Juweliergeschäften gerechtfertigt ist.

 

 

Literaturverzeichnis

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Betzing, Jan H.; Niemann, Marco; Barann, Benjamin; Hoffmeister, Benjamin; Becker, Jörg (2019): Mirroring E-service for Brick and Mortar Retail: An Assessment and Survey. In: International Conference on Wirtschaftsinformatik, S. 557–571. Online verfügbar unter https://aisel.aisnet.org/wi2019/track06/papers/2/.

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Kukka, Hannu; Luusua, Anna; Ylipulli, Johanna; Suopajärvi, Tiina; Kostakos, Vassilis; Ojala, Timo (2014): From Cyberpunk to Calm Urban Computing: Exploring the Role of Rechnology in the Future Cityscape. In: Technological Forecasting and Social Change 84, S. 29–42. DOI: 10.1016/j.techfore.2013.07.015.

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Willems, Kim; Smolders, Annelien; Brengman, Malaika; Luyten, Kris; Schöning, Johannes (2017): The Path-to-Purchase is Paved with Digital Opportunities: An Inventory of Shopper-Oriented Retail Technologies. In: Technological Forecasting and Social Change 124, S. 1–50. DOI: 10.1016/j.techfore.2016.10.066.

Zott, Christoph; Amit, Raphael; Massa, Lorenzo (2011): The Business Model: Recent Developments and Future Research. In: Journal of Management 37 (4), S. 1019–1042. DOI: 10.1177/0149206311406265