Erfahrungsberichte von Doktorand*innen
Hier findest Du Erfahrungsberichte von Doktorand*innen und wissenschaftlichen Mitarbeitenden an unserem Institut.
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Lea Püchel
Seit wann arbeitest du am Institut und wie sieht dein Tätigkeitsbereich aus?
Ich arbeite seit September 2022 hier am Institut und bin angestellt als Postdoktorin bzw. Assistenzprofessorin am Lehrstuhl "Digital Innovation in the Public Sector", welcher von Tobias Brandt geleitet wird. Zu meinen Tätigkeiten gehören die Lehre, die Forschung und der Transfer von Forschungsprojekten in die Öffentlichkeit. Zudem liegt bei mir noch das Projekt "Digital Innovation in Sustainability". Da erstelle ich „Open Educational Resources“, also offene Lehrmaterialien, zu Themen der Fragestellung, wie digitale Innovation und Nachhaltigkeit im Zusammenhang stehen und wie digitale Innovation zur Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeit zur digitalen Innovation beitragen kann.
Wie hat sich dein akademischer und beruflicher Werdegang gestaltet?
Ich hatte das Glück im Bachelor schon international studieren zu können. Da habe ich Politik in Toronto studiert, was für mich ein super Grundstudium war, um einen generellen Überblick über politische Zusammenhänge zu bekommen. Im Master habe ich mich auf Technologien fokussiert und Technologiemanagement studiert. Anschließend habe ich das in der Promotion an der Universität Köln weitergezogen und habe zwar eine BWL-Promotion abgelegt, aber mit dem Fokus auf Technologiemanagement. Zwischendurch habe ich einerseits als freie Journalistin und andererseits im Management eines größeren Verlages gearbeitet. Letzten Endes habe ich mich aber doch dafür entscheiden, wieder zurück an die Uni zu gehen, weil ich die Arbeit hier einfach mag. Mir gefällt das Durchdenken von bestimmten Themen und die Arbeit mit Studierenden sehr. Das hat mich gereizt und deswegen bin ich wieder zurück an die Uni gekommen.
Was war das Thema bzw. das Forschungsgebiet deiner Promotion?
Ich habe mich darauf fokussiert, wie die digitale Transformation in Medienunternehmen, ganz explizit in Journalismusunternehmen, insofern gestaltet werden kann, dass sie für die Unternehmen wirtschaftlich tragbar ist. Insbesondere Journalismusunternehmen sind einerseits unglaublich wichtig für unsere Demokratie und andererseits geht es ihnen wirtschaftlich gerade nicht besonders gut. Deswegen war das für mich sehr spannend zu untersuchen.
Aus welchen weiteren Gründen hast du dich für eine Promotion entschieden?
Mich hat es gereizt, mit dem Wissen in die Tiefe zu gehen und das, was ich beruflich in der Praxis gemacht habe, strategisch zu beleuchten. Mir macht die tiefe Auseinandersetzung mit bestimmten Themen sehr viel Spaß. Ein weiterer Grund war, dass ich den Einsatz von Technologien in meiner Praxiserfahrung miterlebt habe. Dabei hatte ich aber häufig auch ethische Fragen, unter anderem ob das in der Wirtschaft richtig eingesetzt wird. In diesem Zusammenhang hatte ich überlegt, dass ich das an der Universität besser hinterfragen kann.
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag an unserem Institut aus?
Es gibt gar nicht einen typischen Arbeitsalltag und das hängt auch davon ab, ob wir gerade Vorlesungszeit haben oder nicht. In der Vorlesungszeit steht der Austausch mit Studierenden im Vordergrund. Während der vorlesungsfreien Zeit ist der Fokus mehr auf Forschung und dem Schreiben von Fachartikeln. Zudem tausche ich mich intensiv mit Partnern aus, die an meinen Studien teilnehmen. Da ich unter anderem auch qualitativ forsche, lerne ich viele in Interviews kennen und kann auch mal in Unternehmen und Organisationen bzw. in den öffentlichen Sektor reinschauen, mit denen ich regelmäßig in Kontakt stehe. Die Einblicke, die ich bekomme, sind sehr spannend und machen den Arbeitsalltag abwechslungsreich.
Was gefällt dir besonders gut an unserem Institut?
Dieses Institut zeichnet auf jeden Fall aus, dass alle an einem Strang ziehen und kollaborativ unterwegs sind. Mit dem Wissensdurst von allen können wir zeigen und verstehen, wie Mensch und Technik im besten aller Sinne zusammenarbeiten können. Ich durfte bereits in einige Fachbereiche reinschauen und schätze das kollaborative Arbeiten in der Wirtschaftsinformatik.
Hast du Tipps für aktuelle Studierende, die überlegen, in der Wirtschaftsinformatik zu promovieren oder kurz vor ihrem Berufsbeginn stehen?
Mit Wirtschaftsinformatik im Rücken, kann man ganz selbstbewusst voranschreiten und darf kritisches Denken mitnehmen und hoffentlich auch anwenden. Ansonsten wünsche ich Mut, Zuversicht, Gelassenheit und ganz viel Abenteuerlust.
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Valerie Tan
Was ist dein Forschungsgebiet?
Ich bin seit etwas mehr als einem Jahr Doktorandin an der Juniorprofessur Digitale Transformation und Gesellschaft bei Prof. Benedikt Berger. Da ich noch recht neu bin, habe ich erst vor kurzem mein Promotionsthema eingegrenzt, das sich mit verteilter Künstlicher Intelligenz in Organisationen beschäftigt. Das ist ein neues Paradigma, das sich darin unterscheidet, wie viele KI-Modelle und Algorithmen für maschinelles Lernen bisher trainiert werden. Anstatt alle Trainingsdaten an einem zentralen Ort zu speichern, möchte ich untersuchen, wie sie verteilt verarbeitet werden können, ohne die Vertraulichkeit der Daten zu gefährden und wie sich dies auf Organisationen und deren Zusammenarbeit auswirkt. Das allgemeine Forschungsgebiet ist die verteilte KI und ich interessiere mich dafür, wie sich dadurch vieles ändern wird, insbesondere in der EU.
Wo hast du vorher studiert und was hat dich dazu bewogen zu promovieren?
Ich bin in den USA aufgewachsen und habe meinen Bachelor in Informatik an der Cornell University gemacht. Dort habe ich Deutsch gelernt und hatte großes Interesse daran, nach Deutschland zu gehen. Nach meinem Abschluss an der Cornell University bin ich deswegen für meinen Master in Medieninformatik an die RWTH in Aachen gegangen, was mir sehr viel Spaß gemacht hat. Danach wollte ich gerne in der Forschung bleiben. Während meines Masterstudiums habe ich als studentische Hilfskraft am Fraunhofer Institut gearbeitet und der Forschungsgeist dort hat mir sehr gefallen. Es ging um Augmented Reality, um neue Technologien und darum, zu erforschen, was auf uns zukommt. Ich fand das sehr interessant und wollte mehr darüber erfahren.
Warum genau promovierst du an der Universität Münster und am Institut für Wirtschaftsinformatik?
Ich habe mich für eine Promotion in Deutschland entschieden, weil die Promotionsprogramme in den USA sehr anderssind und mir die Art in Deutschland besser gefallen hat. Außerdem habe ich sehr gerne in Deutschland gelebt und konnte mir gut vorstellen zu bleiben.
Der Grund, warum ich mich für den Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik in Münster entschieden habe, war, dass ich schon einmal in Münster war und mir die Stadt sehr gut gefällt. Dann ist mir die Ausschreibung von Benedikt Berger zum Thema Digitale Transformation begegnet, die perfekt zu meinen Wünschen gepasst hat. Also habe ich mich beworben und bin sehr glücklich hier zu sein!
Für wen ist eine Promotion geeignet?
Wer promovieren möchte, sollte sich in erster Linie für die Forschung interessieren. Das heißt nicht, dass man die Forschung mehr lieben muss als die Arbeit in der Wirtschaft, man kann beides mögen. Aber wenn man wirklich forschen will, sollte man das auch tun. Je nachdem, welche Art von Promotion man macht, ist man oft auch, so wie ich, in der Lehre tätig. Das ist eine wirklich gute Möglichkeit sich intensiv mit dem eigenen Thema zu beschäftigen, aber auch mit vielen anderen Themen, Teilbereichen und Forschungsrichtungen. Man lernt sehr viel und kann auf vielfältige Weise mit unterschiedlichen Menschen zusammenarbeiten.
Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?
Mein Arbeitsalltag ist unterschiedlich, je nachdem ob ich von zu Hause oder im Büro arbeite. Was aber immer gleich ist, ist dass ich meinen Tag immer mit einer Tasse Tee beginne. Abgesehen davon habe ich als Doktorandin und Wissenschaftlerin viele Hüte auf und je nachdem welcher Hut gerade Priorität hat, muss ich mich entscheiden woran ich arbeite. Vor allem im ersten Jahr gab es Tage, an denen ich hauptsächlich oder ausschließlich mit der Lehre beschäftigt war: Vorbereitung, Lehre, Benotung, Verwaltungsarbeit. Dann gibt es aber auch den Aspekt der Forschung, der viel Lesen, Organisieren und Nachdenken erfordert. Das Besondere am Fachbereich 4 der Wirtschaftswissenschaften ist, dass wir auch strukturierte Promotionsprogramme haben, wo wir Kurse belegen und uns weiterbilden können. Das ist sehr hilfreich und ein großer Vorteil. Ein weiterer Teil meines Tages besteht aus Meetings und anderen logistischen Aufgaben. Normalerweise ist mein Tag eine Kombination aus all diesen Dingen und mein Arbeitsalltag hängt auch davon ab, ob gerade Vorlesungszeit ist oder nicht.
Was gefällt dir an der Arbeit am Institut für Wirtschaftsinformatik in Münster?
Es gibt eine große Vielfalt an Menschen und man kann sich mit so vielen Leuten austauschen und etwas Neues über andere oder deren Forschung lernen. Und das hilft einem sehr bei der eigenen Forschung. Wir haben eine sehr gute forschungsorientierte Einstellung. Die Fakultät will uns wirklich helfen, erfolgreich zu sein. In diesem Semester habe ich einen Kurs über qualitative Forschungsmethoden belegt. Einiges wusste ich schon, aber einen Überblick über qualitative Forschung zu bekommen war sehr hilfreich. An meinem Lehrstuhl sind wir sehr offen für verschiedene Forschungsrichtungen und das finde ich sehr gut. Als Doktorandin kann man sich das Thema aussuchen, das einem am besten liegt und wir kombinieren alle unsere Stärken am Lehrstuhl.
Was gefällt dir an Münster am besten?
Ich fahre gerne Fahrrad! Es ist eine tolle Sache für mich, einfach mit dem Fahrrad von A nach B nach C fahren zu können, ohne Angst haben zu müssen, angefahren zu werden. Ich mag auch die Promenade - die separate Fahrradspur ist schön. Wo ich aufgewachsen bin, gab es so etwas nicht, das ist also etwas Neues für mich und ich liebe es! Außerdem gibt es einen See und einen Kanal. Das sind alles tolle Arbeitsbedingungen.
Hast du schon eine Vorstellung davon, was du nach der Promotion machen möchtest?
Ja, aber ich bin mir noch nicht hundertprozentig sicher. Ich könnte in der Wirtschaft arbeiten oder einen eher universitären akademischen Weg einschlagen, z.B. als Postdoc. Eine andere Möglichkeit wäre, für eine Forschungseinrichtung zu arbeiten. Ich bin noch dabei, die Vor- und Nachteile abzuwägen. Generell möchte ich mir viele Optionen offen halten und ich habe ja noch etwas Zeit.
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Miriam Möllers
Was ist dein Forschungsgebiet?
Ich bin seit März 2022 Doktorandin am Lehrstuhl für Digitale Transformation und Gesellschaft bei Jun. Prof. Benedikt Berger. Kurz gesagt beschäftige ich mich mit der Transformation der Arbeit durch die Nutzung von und Interaktion mit KI-basierten Systemen im Arbeitskontext. Insgesamt ist das ein sehr vielschichtiges und dynamisches Forschungsfeld, das vielfältige Themen abdeckt. Mich interessiert insbesondere wie die Nutzung KI-basierter Systeme bisherige Aufgaben und Arbeitsprozesse beeinflusst und damit einhergehend, wie die Arbeitnehmer*innen auf diese Veränderungen reagieren. Ein super spannendes Thema ist beispielsweise die berufliche Identität. Nah verwandt ist ebenfalls der Bereich der Mensch-Computer Interaktion, der u.a. untersucht, wie Individuen mit dem Output KI-basierter Systeme umgehen. Da das Thema in der Praxis gerade erst so richtig an Schwung gewinnt, gibt es noch viele offene Fragestellungen. Fürs Erste haben wir Anfang des Jahres mit einer Fallstudie begonnen, in der wir die Einführung von Machine Learning in der Finanzplanung begleiten.
Was ist das Ziel des Forschungsprojekts? Welche Ergebnisse werden erwartet?
Leider lassen sich Forschungsergebnisse nicht unbedingt vorhersagen, insbesondere dann, wenn der Mensch einen entscheidenden Faktor spielt. Da die Fallstudie qualitativer Natur ist, kann es gut sein, dass wir am Ende vor ganz anderen Erkenntnissen stehen als wir eigentlich erwartet hätten. Daher lässt sich hierzu noch nicht viel sagen. Was sich allerdings derzeit beobachten lässt ist folgendes: Der aktuelle gesellschaftliche Diskurs dreht sich um die Frage, welchen Einfluss KI-basierte Systeme auf die Arbeit haben - wird der Mensch in Zukunft arbeitslos oder passt er sich den veränderten Bedingungen an? Auch wenn wir zukünftige Entwicklungen nicht vorhersagen können, zeigen viele Studien derzeit, dass Mensch und System sich nicht unbedingt ersetzen, sondern vielmehr gegenseitig ergänzen können. Beide haben ihre jeweiligen Stärken und Limitationen, die sich gut komplementieren. Beispielsweise ist es wahrscheinlich, dass insbesondere die Analyse großer Datenmengen oder zeitintensive repetitive Aufgaben an Systeme übertragen werden, während der Mensch sich mit qualitativen Themen beschäftigt, die Güte des Outputs im Kontext bewertet und daraus sinnvolle Entscheidungen ableitet. Das ist auch im Bereich der Finanzplanung wahrscheinlich, da hier einerseits datengestützte Vorhersagen eine entscheidende Rolle spielen, aber auch ein tiefes, kausales Verständnis über das Geschäft und seine Einflüsse von großer Bedeutung sind.
Welches Fach und an welcher Universität hast du im Vorfeld studiert? Wie bist du zur Wirtschaftsinformatik und zu unserem Institut gekommen?
Ich sage immer, dass ich eine Reise durch die Wirtschaftswissenschaften gemacht habe. Angefangen habe ich mit Kulturwirtschaft im Bachelor an der Universität Duisburg-Essen. Das ist ein interdisziplinärer Studiengang der Wirtschaftswissenschaften und einer Sprachwissenschaft, in meinem Fall Anglistik. Das sind auf den ersten Blick erst einmal zwei sehr unterschiedliche Fächer, die aber in der Kulturwirtschaft zusammenkommen. In diesem Studiengang hatte ich im Grundlagenstudium bereits erste Berührungspunkte mit der Wirtschaftsinformatik, hätte aber zu dem Zeitpunkt nie gedacht, dass ich später einmal in diesem Bereich landen würde.
Da mich während meines Bachelorstudiums vor allem gesamtwirtschaftliche und gesellschaftliche Themen ansprachen, habe ich mich für einen Master im Bereich der VWL entschieden. Neben einem recht ausgeprägten Fokus auf ökonometrische Methoden habe ich mich insbesondere mit Themen im Bereich der Finanzmarktanalyse beschäftigt. Erst zum Ende meines Masters bin ich auf den Bereich der Arbeitsmarktökonomie gestoßen, in dem ich dann auch meine Masterarbeit geschrieben habe.
Im Zuge der Masterarbeit habe ich mich auf Basis eines Paneldatensatzes mit der Frage beschäftigt, wie sich die Teilnahme an Weiterbildungen auf das Einkommen auswirken kann. Und in dem Forschungsfeld spielen auch die Themen rund um die Digitalisierung und dessen Einfluss auf die Arbeitsmärkte eine erhebliche Rolle. Schlussendlich sind die verändernden Anforderungen auf den Arbeitsmärkten durch die Digitalisierung und den Einsatz künstlicher Intelligenz mit die Hauptgründe für eine Weiterbildung. Und das fand ich spannend. Als ich mich entschied dem Thema der Promotion eine Chance zu geben, habe ich mir verschiedene Stellenangebote angeschaut, eigentlich im Bereich der Arbeitsmarkt- bzw. Bildungsökonomie. Durch Zufall habe ich dann die Stellenausschreibung von Benedikt Berger gesehen und allein der Schwerpunkt „Digitale Transformation und Gesellschaft“ weckte mein Interesse. Die Wirtschaftsinformatik hatte ich in dem Sinne gar nicht so auf dem Schirm. Bis auf den Umgang mit Statistiksoftware wie R und STATA hatte ich auch nur wenig Berührungspunkte mit dem Programmieren. Aber ich dachte mir, das könnte spannend sein und habe mich einfach beworben.
Warum hast du dich für eine Promotion entschieden?
Eigentlich hätte ich nie gedacht, dass ich mal promovieren würde. Das konkrete Interesse daran kam eigentlich erst mit der Masterarbeit, in der ich mit einem großen Forschungsdatensatz gearbeitet habe und vor allem den Mix aus wissenschaftlichem Schreiben und quantitativer Datenanalyse sehr reizvoll fand. Mich tief in ein neues Thema und neue wissenschaftliche Methoden einzuarbeiten haben mir einfach Spaß gemacht. Nach Abschluss des Masters arbeitete ich für ein paar Monate auf einer anderen Stelle, die aber nicht ganz dem entsprach, was ich eigentlich wollte. Da mir die Idee der Promotion nicht ganz aus dem Kopf ging, war das der richtige Zeitpunkt, um das zu erwägen.
Für wen ist eine Promotion geeignet?
Man sollte vor allem Neugierde und Offenheit für neue Themen und Perspektiven mitbringen und sich nicht davor scheuen, auch mal tief in die Literatur einzusteigen Ich denke, dass gerade ein Grundmaß an Neugierde einen immer wieder antreiben und auch motivieren kann, am Ball zu bleiben. Außerdem kann ein hohes Maß an Organisation und Frustrationstoleranz helfen, was man aber auch lernen kann. Da man immer wieder vor neuen unbekannten Situationen steht, sollte man sich nicht davor scheuen, sich immer wieder aus der eigenen Komfortzone herauszubewegen. Das bietet gleichzeitig enormes Potenzial persönlich über sich hinaus zu wachsen und man hat wirklich die Möglichkeit aktiv etwas mitzugestalten und wirklich tief in Themen einzusteigen.
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?
Man befindet sich immer in einem Spannungsfeld zwischen der eigenen Forschung und den Verpflichtungen am Lehrstuhl und in der Lehre. Das ist sowohl das Reizvolle an der Arbeit als wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in als auch das Herausfordernde. Daran musste ich mich gerade im ersten Semester gewöhnen, zumal bei uns an der Juniorprofessur viele Prozesse noch nicht so etabliert waren und für mich das Forschungsfeld der WI ein ganz Neues war. Da wir eine Lehrveranstaltung übernommen hatten, steckten wir viel Zeit in die Überarbeitung der Inhalte. Das war einerseits eine gute Möglichkeit, mich mehr in die WI-Literatur einzuarbeiten, andererseits blieb nur wenig Zeit sich mit dem eigenen Forschungsthema zu beschäftigen. In diesem Spannungsfeld bewegt man sich eigentlich die ganze Zeit. Mittlerweile weiß ich aber, was meine konkreten Themen sind und kann meinen Arbeitsalltag gut strukturieren.
Idealerweise sieht der Arbeitsalltag so aus: Ich fange morgens immer mit meinen Mails an und versuche dann, mich am Vormittag mit meiner eigenen Forschung zu beschäftigen. Das ist die Zeit, in der ich am produktivsten und kreativsten bin und die Möglichkeit habe, etwas tiefer zu denken. Nachmittags widme ich mich dann eher der Lehre und den Terminen mit den Studierenden für die Abschlussarbeiten. Je nachdem, ob der Semesterbeginn naht oder eine Deadline kurz bevorsteht, kann der Tag aber auch ganz anders aussehen.
Was gefällt dir besonders an der Arbeit am Institut?
Mir gefällt die Vielfalt der Aufgaben. Einerseits gefällt mir die Arbeit in der Lehre, mit den Studierenden Seminarthemen zu besprechen oder die Übungen zu gestalten. Zum anderen beschäftige ich mich in meiner Forschung mit den Themen, die mich selbst besonders interessieren. Man hat auch sehr viele Freiheiten. Was auf der einen Seite toll ist, weil ich mir meinen Arbeitsalltag frei einteilen kann, aber manchmal auch dazu führt, dass die Grenzen zwischen Privatleben und Arbeit etwas verschwimmen und man erst lernen muss, damit zu jonglieren. Außerdem gefällt mir das internationale Umfeld – da wir uns den Flur mit dem Lehrstuhl von Prof. Klein teilen, sind oft Gastwissenschaftler*innen vor Ort, die immer ein offenes Ohr haben und gerne ihre (oft langjährigen) Erfahrungen teilen. Insgesamt ist das Umfeld sehr dynamisch und jung, was das Arbeiten sehr entspannt und abwechslungsreich macht.
Wie kann man als Doktorand*in in Münster seine Freizeit gestalten? Was gefällt dir an Münster am besten?
Ich bin im Münsterland aufgewachsen, daher war der Weg hierher für mich der Weg zurück in die Heimat. Münster ist sehr grün und dementsprechend kann man viel Zeit draußen verbringen, an der Promenade, am Aasee oder in den Rieselfeldern. Gleichzeitig gibt es auch ein großes Freizeitangebot, einfach weil es eine junge Studierendenstadt ist und das macht es sehr lebenswert.
Die Wirtschaftsinformatik erscheint oft als ein männlich dominiertes Arbeits- und Forschungsgebiet. Was hat dich als Frau motiviert, in der WI akademisch tätig zu werden?
Ich will dem gar nicht widersprechen, allerdings ist zumindest das akademische Umfeld meiner Wahrnehmung nach gar nicht so männerdominiert, wie man es von außen vermuten würde. Natürlich sind die Verhältnisse in der Studierendenschaft nicht ausgeglichen, aber gleichzeitig sehe ich mich als Frau bei den Mitarbeitenden am Institut nicht in der Minderheit. In meinem Forschungs- und Arbeitsfeld erscheint es mir nicht nach einer männerdominierten Branche – man muss aber auch dazu sagen, dass wir in unserem Forschungsbereich am Lehrstuhl die typische Schnittstelle der Wirtschaftsinformatik bedienen und somit näher an soziologischen Themen als an rein technischen Themen sind. In der freien Wirtschaft kann das auch wiederum anders aussehen als im universitären Bereich.
Was sind Vorurteile gegenüber der Arbeit im MINT-Bereich, die eigentlich nicht stimmen?
Im Bachelorstudium habe ich die Wirtschaftsinformatik als recht trockenes Fach kennengelernt. Wir mussten viele Definitionen und Prozesse auswendig lernen und lernten SQL-Codes ohne das System wirklich zu nutzen. Natürlich hat sich inzwischen mein Bild über die WI geändert und ich weiß insbesondere das interdisziplinäre Forschungsfeld zu schätzen. Ich wusste schlichtweg nicht, dass gerade soziale Fragestellungen ein wesentlicher Bestandteil der WI sind.
Hast du Tipps für zukünftige Bewerberinnen und Berufseinsteigerinnen?
In der Schule fielen mir sowohl Sprachen als auch Mathe leicht, was ich bei meiner Studienwahl versucht hatte zu berücksichtigen. Unter einem technischen Studium konnte ich mir aufgrund mangelnder Berührungspunkte nur wenig vorstellen, weshalb ich mich dann in die Richtung der Wirtschafts- und Sprachwissenschaften begab. Erst im Studium merkte ich, dass Programmieren wirklich Spaß machen kann und die Technik so viel zu bieten hat. Dementsprechend kann man den Schulabgänger*innen mit auf den Weg geben: Wenn ihr ein bisschen Interesse an Technik habt, am Programmieren, dann probiert das aus! Entweder merkt man, dass das genau das ist, was man schon immer machen wollte, oder man merkt auf dem Weg dorthin, dass es doch nicht so passt. Gerade die Wirtschaftsinformatik bietet genügend Raum mehr in die technische oder wirtschaftliche Richtung zu gehen. Das ist meiner Ansicht nach der entscheidende Aspekt, dass es bei vielen Frauen gar nicht am mangelnden Interesse liegt, sondern an mangelnden Berührungspunkten.
Wie sehen deine Pläne nach der Promotion aus?
Das ist noch schwer zu sagen, weil ich da sehr hin- und hergerissen bin. Ich finde das universitäre Arbeitsfeld wirklich toll, weil man immer am Puls der Zeit ist, man sich sehr tief in Themen einarbeiten kann, aber gleichzeitig durch die Lehre auch einen sozialen Part hat. Das finde ich sehr reizvoll. Leiderbietet das Wissenschaftssystem nicht viel Planungssicherheit und ich bin mir unsicher, ob ich mich darauf einlassen möchte. Ich würde es nicht ausschließen, aber ich sehe auch, dass ich in der Wirtschaft glücklich werden könnte und könnte mir dann vorstellen, in einem wissenschaftsnahen Bereich zu arbeiten.
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Sebastian Reiners
Zu welchem Thema promovierst du?
Seit über zwei Jahren arbeite ich hier am Institut an einem interdisziplinären Forschungsprojekt. Es ist ein deutschlandweites DFG-Forschungsprojekt, an dem die Universität Münster mit der Wirtschaftsinformatik und der Organisations- und Wirtschaftspsychologie beteiligt ist. Wir arbeiten interdisziplinär daran, die Rolle von Vertrauen in Informationssystemen zu analysieren. Dabei schauen wir uns an, wie man mit großen Datenmengen umgeht, die wir in der heutigen Zeit viel haben. Wir untersuchen, wie das Phänomen des absichtlichen Vergessens genutzt werden kann, um Menschen im Arbeitskontext zu entlasten und kognitive Ressourcen durch Informationssysteme freizusetzen. Aus dieser Beschreibung wird bereits deutlich, dass einerseits die informationstechnische Seite von Systemen eine Rolle spielt und andererseits die psychologische, kognitive Seite.
Welche Ergebnisse hast du bereits herausarbeiten können?
Das Projekt gibt es schon etwas länger, es haben schon Leute vor mir daran gearbeitet. Insgesamt gibt es zwei Projektphasen, wovon die zweite jetzt Ende Juli zu Ende geht. Die werden jetzt mit einer Abschlusspräsentation des deutschlandweiten Projektes beendet. Da kommen alle acht Tandems zusammen und stellen ihre Ergebnisse vor. Auch während der Projektlaufzeit gab es immer wieder Zwischenpräsentationen, bei denen wir uns getroffen und ausgetauscht haben. Es gibt schon Ergebnisse aus der ersten Projektlaufzeit und wir haben diese jetzt in den letzten zweieinhalb Jahren in die Praxis umgesetzt und geschaut, wie viel Wahrheit an diesem theoretischen Konstrukt dran ist oder ob es vielleicht noch andere Konstrukte gibt.
An welcher Uni hast du im Vorfeld studiert? Aus welchen Gründen hast du dich dann für eine Promotion entschieden?
Ich habe sowohl meinen Bachelor als auch meinen Master hier an der Universität Münster gemacht. Als ich meinen Master abgeschlossen habe, war ich noch relativ jung und hatte noch nicht die Aspiration, die nächsten 40 Jahre in der freien Wirtschaft zu arbeiten. Gleichzeitig hatte ich das Gefühl, dass mir die Universität noch nicht alles beigebracht hat, was sie mir beibringen könnte. Diese Kombination hat dazu geführt, dass ich eine Promotion in Anbetracht gezogen habe und das Gefühl, dass die Uni mir noch nicht alles mitgegeben hat, war am Ende ausschlaggebend. Außerdem war ein großer Faktor, dass die Leute, die hier arbeiten, mir schon bekannt waren und ich gerne weiter mit ihnen zusammenarbeiten wollte.
Warum genau promovierst du an der Universität Münster und am Institut für Wirtschaftsinformatik?
Es war sehr einfach, an der Universität Münster zu bleiben. Als ich im Master über eine mögliche Promotion nachgedacht habe, hatte ich ein Gespräch mit Prof. Becker und einem anderen Professor, in dem sie mir die Möglichkeiten einer Promotion aufgezeigt haben. Letztendlich hat für mich den Ausschlag gegeben, dass ich wusste, in was für ein Konstrukt ich hier eintrete, welche Arbeitsweise mich erwartet und dass ich mich in dieser Arbeitsweise sehr wohl fühle. Ich hatte schon vor Abschluss meines Masterstudiums die Zusage, dass ich hier anfangen kann. Außerdem hatte ich schon die thematische Nähe zum Projekt und fand die interdisziplinäre Forschung sehr spannend. Ich wollte gerne einmal in einem Kontext arbeiten, von dem ich vorher keine Ahnung hatte.
Für wen ist eine Promotion geeignet?
Es kommt sehr auf das Institut und den Lehrstuhl an, da alle sehr unterschiedlich arbeiten und verschiedene Anforderungen haben. Allein hier am Institut gibt es sehr unterschiedliche Lehrstühle, zum Beispiel solche, die sehr informatikorientiert sind, oder jene, die sehr quantitativ orientiert sind. Es kommt auch auf die Seniorität der Lehrstühle an: Prof. Becker ist schon sehr lange dabei und hat sehr etablierte Strukturen, ein junger Lehrstuhl hat andere Anforderungen.
Wenn ich das verallgemeinern will: Man braucht ein sehr hohes Maß an Flexibilität, man muss bereit sein, Dinge zu machen, von denen man überhaupt keine Ahnung hat, und man muss sich möglichst schnell einarbeiten. Wenn man das nicht kann, wird man an vielen Ecken an seine Grenzen stoßen, weil es im Laufe einer Promotion sehr viele Unwägbarkeiten gibt, die man vorher nicht kennen kann und die man dann erst kennenlernt. Man muss auf jeden Fall Lust haben, viel Neues zu lernen.
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?
Mein Arbeitsalltag hängt sehr davon ab, ob Vorlesungen stattfinden oder nicht. Die Vorlesungszeit ist relativ restriktiv durch die Lehrtätigkeiten, die man nebenbei macht: Tutorium halten, Seminar betreuen, Vertiefungsmodul betreuen etc. Dadurch ist man sehr eingespannt. Außerhalb der Semesterzeiten ist man viel freier in seiner Arbeitsweise, da hat man viel Zeit für Dinge, die im Semester etwas schwieriger sind. Man hat dann eher Schreibphasen, in denen man sehr dezidiert an seinen Themen arbeiten und seine Dissertation oder Paper schreiben kann. Im Semester ist mein Vormittag in eine sogenannte Fokusarbeitszeit eingeteilt, das heißt, ich verschiebe alle meine Termine auf den Nachmittag und habe dann vormittags 3-4 Stunden Zeit, um möglichst konzentriert an etwas zu arbeiten. Nachmittags bereite ich dann Termine und Besprechungen vor, halte sie, mache Lehrtätigkeiten etc.
Was gefällt dir besonders gut an der Arbeit im Institut?
Ich bin sehr frei in dem, was ich tue. Natürlich habe ich Aufgaben, die erledigt werden müssen, aber wenn ich es schaffe, diese Aufgaben in einer bestimmten Zeit zu erledigen, habe ich "Freizeit im Job", um Dinge zu tun, auf die ich Lust habe. Dann kann ich zum Beispiel Seminare anbieten, die mich interessieren. Es macht mir unglaublich viel Spaß, mich mit Themen zu beschäftigen, die das Institut und die Studierenden weiterbringen. Ich mag die Freiheit, die ich hier gerade lebe, sehr, sehr gerne.
Was gefällt dir am besten in Münster?
Ich mag den Großteil der Menschen, die in Münster leben. Ich habe das Gefühl, dass man hier immer Leute trifft, mit denen man einen schönen Tag verbringen kann. Münster ist in verschiedene Ecken aufgeteilt: Es gibt den Hafen, der in eine alternative Richtung geht, dann gibt es den ganz klassischen Bereich rund um den Domplatz und dann gibt es noch die studentischen Bereiche. Vor dem Schloss zum Beispiel spielen im Sommer gefühlte 100 Studierende Spikeball und machen mit ihren Stollenschuhen den schönen Rasen kaputt, aber irgendwie finden das alle wieder gut. Münster schafft es, eine Art Bubble zu sein. Wenn man nach Münster kommt, ist alles schön und gut, und sobald man Münster verlässt, ist die Welt nicht mehr in Ordnung. Das ist natürlich übertrieben, aber das gefällt mir an Münster.
Was sind deine Pläne nach der Promotion?
Ich finde es schwierig, mehr als zwei Jahre in die Zukunft zu blicken, aber natürlich hat man gewisse Vorstellungen, was einem Spaß machen könnte. Ich persönlich sehe mich in der Rolle eines Produktmanagers, zumindest was ich mir darunter vorstelle. Es ist natürlich immer schwierig, sich vorzustellen, wie es in der Wirtschaft ist, wenn man jetzt fast acht Jahre universitär geprägt ist. Aber was ich von ehemaligen Kommilitoninnen und Kommilitonen höre, finde ich sehr spannend und kann mir vorstellen, in diese Richtung zu gehen. Das heißt aber auch, dass die Wissenschaft nicht mein weiterer Lebensweg sein wird. Das kommt auch daher, dass ich am Anfang meiner Promotion das Gefühl hatte, dass mir die Universität noch nicht alles beigebracht hat. Langsam habe ich das Gefühl, dass ich hier das gelernt habe, was ich lernen wollte und alles darüber hinaus ist nicht mehr mein Steckenpferd. Ich bin super zufrieden hier, habe eine tolle Zeit und werde die nächsten eineinhalb bis zwei Jahre, die noch vor mir liegen, sehr genießen, aber ich bin nicht für die Wissenschaft geboren. Dafür ist der Karriereweg als Wissenschaftler für mich nicht attraktiv genug und mit zu vielen Unwägbarkeiten verbunden, die ich nicht beeinflussen kann und die an vielen Stellen das Gute an der Wissenschaft negativ prägen.
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Michael Koddebusch
Was ist dein Forschungsgebiet und zu welchem Thema promovierst du?
Ich beschäftige mich größtenteils mit dem Thema E-Government bzw. Verwaltungsdigitalisierung, insbesondere auch mit Blick auf E-Kompetenzen. Das sind die Kompetenzen, die Angestellte im öffentlichen Dienst brauchen, um die digitale Transformation aktiv mitgestalten zu können. Mit diesen Kompetenzen können sie ihren Beitrag leisten, um die Digitalisierung des öffentlichen Sektors voranzutreiben. In unserem Forschungsfeld geht es nicht primär darum herauszufinden, welche Kompetenzen das sind. Vielmehr wollen wir schauen, welche Rolle in der Verwaltung welche Granularität einer E-Kompetenz benötigt und wie man diese am besten vermitteln kann. Wir haben gemeinsam mit vielen Partner bspw. eine Lernplattform aufgebaut, um Weiterbildungen dahingehend zu forcieren. Aktuell geht es also vor allem darum, dass die richtigen Inhalte auch die richtigen Menschen erreichen.
Es ist nicht nämlich nicht zu erwarten, dass jede Person über alle Kompetenzen in jedem Detailgrad verfügt. Da muss erstmal zielgruppengerecht herausgefunden werden, was für wen sinnvoll ist, sodass Inhalte aufbereitet dementsprechend aufbereitet werden können.
Im Rahmen meiner Promotion beteilige ich mich an zwei Projekten: Das ist zum einen die zuvor genannte Weiterbildungsplattform, der eGov-Campus, und seit einiger Zeit betreuen wir auch das Projekt "Die Digitale Mittelstadt der Zukunft". Hierin beschäftige ich mich mit der Digitalisierung explizit von Mittelstädten. In diesem Kontext entwickle ich mit Prof. Becker und Holger Koelmann ein sogenanntes "konfigurierbares Referenzmodell", mithilfe dessen Verwaltungsbeschäftigte eine Reihe von Parametern einstellen können, um so die für ihre Rolle und Situation passenden Weiterbildungsformate zu ermitteln.
Welche Forschungsergebnisse konntest du bisher herausarbeiten?
In einer Studie haben wir beispielsweise gezeigt, dass die Kompetenz des Prozessmanagements bisher wenig vorhanden ist in Verwaltungen. Es gibt eine Diskrepanz zwischen dem, was die Leute in Verwaltungen als wichtig empfinden und was sie wirklich können oder aktiv betreiben. Zudem haben wir 2016 und 2021 im Rahmen einer Zeitreihenstudie eine Umfrage durchgeführt und damit aufgezeigt, wie sich E-Kompetenzen entwickeln. Wir beobachten, dass mit mehr Fokus auf den Fachkräftemangel technische Themen wie Programmierung und IT-Architekturen immer wichtiger werden.
Mit meinem Kollegen Sebastian Halsbenning habe ich in vergangener Zeit noch eine weitere Umfrage und Interviews mit Personen durchgeführt, die auf unserer Plattform gelernt haben. Daraus haben wir Gestaltungsprinzipien entwickelt, die auf einer eher generellen Ebene vermitteln sollen, wie Bildungsplattformen für den öffentlichen Sektor aufgebaut sein sollten. Wir zeigen damit, was diese Plattformen beinhalten sollten, damit sie von der Zielgruppe als attraktiv wahrgenommen und genutzt werden. Bisher ist nur wenig Gestaltungswissen dahingehend vorhanden, was die Zielgruppe eigentlich braucht. Das führt dann leider dazu, dass manche eigentlich guten Projekte an den eigentlichen Bedürfnissen vorbei entwickelt werden.
An welcher Uni hast du im Vorfeld studiert?
Ich habe ein Double-Degree Bachelorstudium absolviert. Zum großen Teil war ich an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Neu-Ulm und habe dort Informationsmanagement und Unternehmenskommunikation studiert. Ein Jahr meines Bachelorstudiums habe ich in Finnland an der Oulu University of Applied Sciences absolviert und dementsprechend auch einen Abschluss von dort. Im Master hatte ich ein ähnliches Modell, da habe ich in Neu-Ulm im Studiengang „International Enterprise Information Management“ studiert, bin dann relativ schnell nach London an die Kingston Universität gewechselt und habe somit von beiden Hochschulen einen Masterabschluss erlangt. Die Fachrichtung Informationsmanagement ist ähnlich wie Wirtschaftsinformatik, nur weniger technisch und eher konzeptionell ausgerichtet.
Aus welchen Gründen hast du dich für eine Promotion entschieden?
Verschiedene Aspekte haben dabei eine Rolle gespielt. Erstens hatte ich an der Universität immer viel Spaß, das universitäre Umfeld mochte ich immer sehr gerne, da an vielen spannenden Themen gearbeitet und geforscht wird. Letzten Endes hat es sich so ergeben, dass ich nach dem Master zwar einen guten Job im IT-Projektmanagement in einem globalen Konzern in London hatte, mir aber dachte, dass ich mich gerne noch weiterentwickeln möchte.
Über Umwege bin ich dann an der Universität Münster gelandet und habe festgestellt, dass mir eine Promotion etwas für meine persönliche Weiterentwicklung mitgibt. Münster war für mich eine gute Option, die auf vielen Ebenen gepasst hat.
Für wen ist eine Promotion geeignet?
Man sollte offen dafür sein, sich mit neuen Themen zu beschäftigen. Es kommt oft vor, dass ein neues Projekt reinkommt, welches man als Doktorand*in betreut. Beispielsweise bearbeite ich seit einiger Zeit ein Projekt im Themenbereich digitale Assistenzsysteme, insb. mit Blick auf den Abbau zwischen Kommunikationsbarrieren zwischen Hörenden und Gehörlosen - in diesem Feld kannte ich mich vorher überhaupt nicht aus und bin jetzt aber sehr glücklich darüber, da mitzuarbeiten. Ähnlich ist es auch mit meinen Projekten im Bereich Verwaltungsdigitalisierung, die ich inzwischen sehr spannend finde und mich darüber freue, in dieses „kalte Wasser“ geschmissen worden zu sein.
Man sollte als Doktorand*in deshalb in der Lage sein, sich schnell in Themen einzuarbeiten und sich dafür motivieren können. Eine Promotion ist kein Standardjob und das schätze ich sehr daran, weil meine Arbeit sehr abwechslungsreich ist. Es gibt Zeiten, in denen wir sehr flexibel sein können, da der Workload in einer akademischen Karriere variieren kann. Es gibt auch aber Phasen, in denen neben den Forschungsprojekten zahlreiche Korrekturen für Klausuren und Einreichungs-Deadlines für Konferenzen oder Journals anstehen. Man muss sich mit dem Arbeitsmodell einer Promotion zurechtfinden und seine eigene Balance finden.
Die Arbeit macht aber wirklich großen Spaß, besonders wenn man gerne mit Studierenden zusammenarbeitet. Gerade in Seminaren und in der Betreuung von Abschlussarbeiten sind wir relativ frei in der thematischen Gestaltung, sodass man gemeinsam neue Themenbereiche kennenlernen und sich einarbeiten oder die Studierenden aktiv mit in die Forschung involvieren kann. Wenn man gerne projektbasiert arbeitet und Freude an neuen Themen hat, ist eine Promotion die richtige Entscheidung.
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?
Neben der Forschung ist man als Doktorand auch in der Lehre tätig. Typischerweise ist es so, dass die Professor*innen und Post-Docs die Vorlesungen halten und die wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen die dazugehörigen Übungen und Seminare betreuen. Neben der Arbeit in Forschungsprojekten ist man daher viel in der Lehre involviert und betreut zudem Bachelor-, Master- und Seminararbeiten.
Was gefällt dir besonders gut an der Arbeit am Institut?
Alles rund um meine Kolleg*innen und die Kollegialität an unserem Institut. Ich bin mit meinem Lehrstuhl und dem Institut insgesamt sehr zufrieden. Was mir auch gut gefällt ist die Zusammenarbeit mit den anderen Doktorand*innen. Wir verfolgen alle das gleiche Ziel – die Promotion – und das ist ein stark verbindendes Element zwischen uns. Natürlich haben wir alle unterschiedliche Projekte, der Weg zur Promotion ist aber dennoch ähnlich und im Grunde hat man die gleichen Hürden. So hast du eine ganze Reihe von Peers, die deine alltäglichen Probleme im Zusammenhang mit der Promotion gut nachvollziehen können und mit denen du dich jederzeit austauschen kannst. Das ist viel wert, denn wir verbringen viel Zeit über die Arbeit miteinander und so werden aus Kolleg*innen auch gute Freunde.
Was mir auch sehr gut am akademischen Umfeld gefällt, ist die Diskussionskultur und der Meinungsaustausch. Die Wissenschaftler*innen unseres Instituts sitzen oft zusammen und diskutieren über alles Mögliche – teilweise fachspezifisch, teilweise aber auch über Gott und die Welt.
Wie kann man in Münster seine Freizeit als Doktorand gestalten?
Mir gefällt die Stadtgröße sehr gut, weil man in seiner Freizeit viel unternehmen kann, es sich aber nicht wie in Großstädten verläuft. Man kann hier gut Fahrrad fahren, Sport machen und es gibt ein großes Freizeitangebot. Im Sommer kann man an den Kanal, der Markt ist ein wichtiger Teil der Stadt und Münster hat darüber hinaus ein Nachtleben mit vielen Musikrichtungen. Wir haben hier eine sehr hohe Lebensqualität und ich würde die Stadt jedem weiterempfehlen.
Was sind deine Pläne nach der Promotion?
Eine interessante Option wäre, weiterhin im öffentlichen Sektor tätig zu sein und das Thema Verwaltungsdigitalisierung aus dem Sektor heraus zu gestalten. Das könnte beispielsweise in Ministerien, Regierungssitzen oder Think-Tanks sein. Auch eine Selbständigkeit würde ggf. in Frage kommen. Man eignet sich im Laufe der Promotion viel Wissen an, welches man in einer eigenen Unternehmung sicherlich gut anwenden könnte.
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Kilian Müller
Zu welchem Thema promovierst du?
Das Thema meiner Dissertation ist die automatisierte Erkennung und Moderation von Hasskommentaren im Internet. Dazu gibt es schon eine Dissertation von Marco Niemann, mit dem ich auch zusammen an Forschungsprojekten im Rahmen meiner Promotion gearbeitet habe. In meiner Arbeit liegt der Fokus mehr auf dem Ökosystem und der Plattform zur Erkennung und Moderation von Hasskommentaren. Damit einhergehend untersuche ich die Fragestellung, welche Services erforderlich sind, um solch eine Plattform langfristig am Laufen zu halten.
Welche Forschungsergebnisse konntest du bisher herausarbeiten?
Wir haben bei der Evaluation des Prototyps herausgefunden, dass Modelle häufig auch degenerieren. Das heißt, die Perfomance der Machine Learning Modelle, welche die Hassrede erkennen, verringert sich mit der Zeit. Dementsprechend haben wir versucht, Ansätze zu finden, mit denen man das langfristig lösen kann - besonders auch für Zeitungen. Häufig haben kleinere und mittelgroße Zeitungen nur wenig Expertise im Bereich Data Analytics, d.h. selbst Modelle zu trainieren, ist relativ schwierig. Da kommt dann die Frage auf, wie man bestimmte Plattform Analytics Services zur Verfügung stellen kann, damit eine Plattform langfristig und mit funktionierenden Modellen weiter betrieben werden kann.
Mit welchen anderen Bereichen hat dein Forschungsbereich Schnittpunkte?
Mit der Kommunikationswissenschaft sowie den Zeitungen und der Informatik. Unser Team ist in der Wirtschaftsinformatik verortet und bildet damit auch eine Schnittstelle zur Informatik. In unserem Projekt hat besonders Dennis Assenmacher den Bereich Data Analytics und Machine Learning übernommen.
An welcher Uni hast du im Vorfeld studiert?
Ich habe mein Bachelor- und Masterstudium in Münster absolviert.
Aus welchen Gründen hast du dich für eine Promotion entschieden?
Das hatte mehrere Gründe. Im Bachelor habe ich schon angefangen, Tutorien in den Modulen Operations Research und Mathe zu geben. Mir hat die Lehre an sich viel Spaß gemacht. Besonders gefallen hat mir dabei, den Studierenden etwas zu erklären und auf Rückfragen zu antworten. Die Mitarbeiter*innen am Institut mochte ich zudem sehr gerne, viele meiner Arbeitskolleg*innen kannte ich schon vor meiner Promotion. Die Kontaktpunkte, die ich in meinem Studium zur Forschung hatte, haben mir Spaß gemacht und deswegen habe ich mich dann für eine Promotion entschieden.
Was gefällt dir am Institut am meisten?
Was mir hier wirklich gut gefällt, sind wie bereits gesagt die Arbeitskolleg*innen am Lehrstuhl. Wir haben hier ein sehr familiäres Verhältnis. Außerdem mag ich den Leonardo-Campus auch ganz gerne. Hier ist es ruhiger und man kann sich gut auf seine Arbeit konzentrieren. Was mir auch gefällt ist der engere Kontakt mit den Studierenden im Master. Durch Seminare und Projektseminare, die mit rund 20 Teilnehmer*innen deutlich kleiner sind als sonstige Lehrveranstaltungen, kommt man einfacher in den Austausch.
Für wen ist eine Promotion geeignet?
Man sollte neugierig sein, weil man immer wieder neue Ansätze finden muss für bestimmte Probleme. Grundlegendes Methodenwissen kann nicht schaden, über die Doktorandenkurse hat man aber auch die Möglichkeit, sich weiteres methodisches Wissen anzueignen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass man Spaß am Austausch und an der Kommunikation miteinander hat. Dem wissenschaftlichen Schreiben gegenüber sollte man auch nicht abgeneigt sein. Wenn man promovieren möchte, sollte man sich zudem damit wohl fühlen, vor Leuten zu sprechen. Das ist über die Lehre auch fester Bestandteil einer Promotion.
Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei dir aus?
Es gibt keinen prototypischen Tag, da ich neben der Promotion auch die Lehrkoordination bei uns am Lehrstuhl mache, kommen viele Ad-Hoc Aufgaben. Dabei bekommt man häufig eine Mail oder einen Anruf und beschäftigt sich kurz mit dem Anliegen. Grundsätzlich bleibt immer gleich, dass ich im Rahmen der Lehre Vorlesungen bzw. Übungen vorbereite, diese halte und im Anschluss Fragen dazu beantworte bzw. die Veranstaltungen nachbereite. Das gleiche gilt auch für Seminare, die ich plane und durchführe. Die Lehre hängt fest mit der Promotion zusammen, als Doktorand wird einem ein bestimmter wöchentlicher Stundensatz an Lehre vorgeschrieben.
Mein Tätigkeitsbereich in der Forschung hängt stark vom Projekt ab, auf dem ich in dem Moment bin. Wir haben verschiedene Drittmittelprojekte, bei denen man teilweise sehr zielgerichtet, aber auch manchmal explorativ arbeitet. Die Arbeitsweise orientiert sich an der Zielsetzung des Projekts. Da hat man viele Meetings und Gelegenheiten, sich mit anderen Wissenschaftler*innen und Beteiligten auszutauschen. Beispielsweise war ich vor einiger Zeit in Grenoble, weil wir da eine Studie im Kontext eines Forschungsprojekts durchgeführt haben.
Aktuell bin ich jedoch vom Institut freigestellt, da ich meine Dissertation fertig schreibe und bald abgeben werde.
Wie kann man in Münster seine Freizeit als Doktorand gestalten?
Der Hochschulsport gefällt mir sehr gut. Ich bin passionierter Snowboarder und selbst auch Snowboard-Lehrer, daher nehme ich gerne an den HSP-Skitouren teil. Pubquiz wird in Münster häufig angeboten und macht mir ebenfalls großen Spaß. Außerdem kann man in der Altstadt seinen Abend ausklingen lassen.
Was sind deine Pläne nach der Promotion?
Bis zum Ende des Jahres bin ich noch am Institut, da ich gerne noch in der Lehre und in Forschungsprojekten unterstützen sowie einige Projekte abschließen möchte. Aktuell bin ich in den “AI-Bility”- und "GIGA-Gebärdensprache" Projekten involviert. Diese laufen zum Ende des Jahres aus, daher möchte ich sie noch abschließen. Danach bin ich mir noch nicht ganz sicher, wohin es gehen wird. Ich habe vorher schon nebenberuflich in der Beratung gearbeitet und kann mir vorstellen, vielleicht dort wieder tätig zu werden. Eventuell wird es aber auch in eine andere Richtung gehen, das entscheide ich dann im Laufe des Jahres.